Cerro Rico 13.11. -   05.04.2004 | 14:51

Heute wollen wir es mal so richtig donnern und krachen lassen. Wir goennen uns eine Tour durch die Minenwelt von "Sumac Orcko." Der 4800 Meter hohe, symmetrisch spitz zulaufende Berg ist voellig nackt und in seinem Rotbraun fast ueberall von Potosi aus zu sehen.
Abfahrt ist 14:00 Uhr. Zur Einstimmung in unser Abenteuer besuchen wir vorher noch den "Calvario", bekannt als der groesste, freie Dynamidmarkt der Welt. Hier kann man alles kaufen, was ein Minenarbeiter in Bolivien so braucht: Dynamid, Zuendschnuere, Zigaretten, Alkohol und natuerlich Cocablaetter. Wir decken uns reichlich ein. Denn um in die heiligen vier Waende eines Minenarbeiters zu gelangen und sich dort umsehen zu duerfen, bringt man ihm natuerlich, und das nicht zu knapp, von allem etwas mit.
Mit prallen Tueten gehen wir wieder zurueck zum Auto und fahren zur Umkleidekabine, wo wir unsere Alltagskleidung gegen die eines Bergmannes eintauschen: Weisse Gummistiefel an den Fuessen, ein zweiteiliger,ein paar Nummern zu kleiner Blaumann und ein Helm mit einer Lampe vorne draufgestoepselt. Wir sind bereit. Und schon knattern wir in unserem Toyota, Baujahr nicht mehr auszumachen, hoch auf den “ Sumac Orcko" zu den Eingaengen der Minen.
Da wir heute etwas ganz Besonderes erleben wollen, machen wir die Minentour einmal gegen den Touristenuhrzeigersinn und fangen bei einem Minenausgang an. „ Auf die Knie. Fertig los!“ Hier ist es so eng, dass unser “Guia“ Probleme hat sich mit seinem wohlgenaehrten Koerper durch die ersten Oeffnungen zu zwaengen. Es ist stockdunkel. Wenn wir nicht unsere Funzeln auf den Koepfen haetten, wuerden wir nicht annaehrend so schnell vorankommen. Manchmal halten wir an, um uns das Gestein und seine Mineralien naeher anzusehen. Ausser Gold findet man hier so ziemlich alles, was wertvoll ist: Silber und Zink und Eisen usw.

Mit einem Mal wird es staubig. Wir pressen unsere Atemwege mit dem Aermel zu und koennen nur noch schwer atmen. Nach ein paar Biegungen haben wir den Verursacher des Staubes ausgemacht. Es sind vier Minenarbeiter, die eine Detonation vorbereiten und dafuer natuerlich Loecher in das Gestein bohren muessen. Die ersten Dynamidstangen werden hineingefriemelt und die Zuendschnuere gelegt. Gleich geht es los. Wir ziehen uns, leicht nervoeus, ein paar Ecken zurueck, wo es halbwegs staubfrei ist. Ploetzlich stuermen zwei weitere Minenarbeiter in unsere Richtung. Die erste der drei Detonationen wird hoerbar. Doch - keine grosse Explosion, keine Waende wackeln, nichts wirklich Gefaehrliches oder wenigstens Spannendes geschieht. So, als wenn jemand Silvester einen D-Boeller in einem Gulli versenkt haette.
Vor Aufregung fast gestorben -haha- , kehren wir um und wollen jetzt den "Tio" besuchen. Immer tiefer dringen wir in die Minen ein und kommen schliesslich in einen kleinen Raum, wo uns der „Teufel“ erwartet: Halb Mensch, halb Tier starrt uns der rote, steinerne "Tio" mit seinen feurigen Rubinaugen an.
Jetzt folgt der wichtigste Akt unserer Expedition, eine Zeremonie, bei der unser Minenfuehrer nach und nach unsere mitgebrachten Cocablaetter, Zigaretten und den Alkohol ueber den Teufel, als den Besitzer aller Mineralien giesst. Auf diese Weise soll er besänftigt und gefuegig gemacht werden, doch mal ab und zu etwas Wertvolles herauszuruecken.
Denn eigentlich ist die Mine fast restlos durch intensive und fuer die Minenarbeiter risikoreiche Schwarzarbeit ausgebeutet.
Doch der “rote Tio“ straft alle Kleinglaeubigkeit Luegen. Zeichen seiner andauernden Staerke und Fruchtbarkeit ist ein ueberdimensional grosser Fallus, der von unserm Fuehrer immer mal wieder betoucht und damit zum Leben erweckt wird, indem er ein paar Mal hin und her wippt. News Potosi 11. - 14.11. -   05.04.2004 | 14:38

Es ist 9 Uhr morgens. Wir sitzen im Eingangsbereich vom "Museo de la Casa Real de la Moneda" und warten darauf, dass sich die mit schweren Eisenbeschlaegen versehene grosse Holztuer oeffnet, damit wir uns einer Fuehrung durch dieses 7.570 m*2 grosses Gebaeude anschliessen koennen..
Die Minuten verstreichen: fuenf nach neun, zehn nach neun, viertel nach neun, zwanzig na... ah es tut sich etwas. Von innen wird ein Riegel weggeschoben und das Tor bewegt sich. Ein kleiner Bolivianer, vor Anstrengung schon ganz rot im Gesicht, schiebt noch ein wenig, bis das Quietschen der Scharniere in ein lautes Aufeinaderknallen von Tor und Mauer uebergeht: Geschafft!
Wir warten weitere 10 Minuten, mittlerweile hat sich eine grosse Touristengruppe um uns geschart. Schoen, dass man hier in der hoechsten Stadt der Erde alle Zeit der Welt hat.
Waehrend wir also warten duerfen, sehen wir uns schon mal ein weing um. In einem Innenhof grinst uns eine Maske auf einem Torbogen an, der in den naechsten Innenhof leitet. Eigentlich ein Durchschnittsgesicht, trotzdem aber irgendwie unverschaemt. Auf jeden Fall wurde die Maske 1865 angebracht und ist seitdem das Symbol fuer die "Casa de la Moneda" schlechthin, so hoeren wir von hinten.
Mittlerweile fuehlt sich wohl doch jemand fuer uns zustaendig und fuehrt uns auch schon in den zweiten der fuenf Innenhoefe.
Warum die "Casa de la Moneda" unter den vielen Gebaeuden des UNESCO-Weltkultuerbe besonders herausragt, wird uns anhand ihrer aussergewoehnlichen Architektur erklaert: Die Boegen, die den Innenhof umgeben, sind aus behauenem, hellen Naturstein, die Grundmauern aus roten Ziegeln hochgezogen. Das zweite Stockwerk mit umlaufender Veranda ist ganz holzverkleidet, das Dach aus Kupfer. So sind alle verwendeten Bausubstanzen auf einen Blick sichtbar.
Ueber eine massive Steintreppe gelangen wir in den zweiten Stock des Hauses und durchlaufen schier endlos viele Raeume mit hoch interessanten Gemaelden, buntem Mobiliar und Schwarzweissfotografien, bis wir in einen Raum gelangen, der mittels gedaempftem Licht unsere Aufmerksamkeit auf kleine silberne Muenzsammlungen lenkt. Daher der Name "Casa de la Moneda". Hier wurde fuer das spanische Koenigshaus das Silbergeld fuer die Kolonien und das Mutterland hergestellt, alle Muenzen kamen aus diesem einzigen Haus. Die Materialien, aus denen das Geld gegossen und gepresst wurde, vornehmlich Silber natuerlich, finden wir in einem anderen Raum unter uns. Hier koennen wir die verschiedensten Steine und Mineralien bestaunen. Wo und wie man diese aber findet, wollen wir morgen life miterleben. News Sucre 8.11. - 11.11. -   05.04.2004 | 14:54

Sucre. Endlich. "La Ciudad Blanca!" Soweit unsere Augen das kleine Tal ueberblicken, in dem Sucre liegt, koennen wir nichts als weisse Haeuser und Gebaeude wahrnehmen. Im Kontrast dazu die Daecher in ihrem einheitlichen Kaminrot, die wie beruhigende Wellen ueber Sucre zu schwappen scheinen.
Hier, hoch oben auf dem Vorhof des "La Recoletta Conviento" koennten wir noch lange auf Sucre hinunterblicken und uns einfach nur an dem eindrucksvollen, schlichten Farbspiel von rot und weiss erfreuen. Uebrigens ist Sucre nicht nach dem franzoesischen Wort "le sucre" benannt worden, was man wegen seiner zuckerweissen Haeuser annehmen koennte, sondern nach einem spanischen Marschall namens Antonio Jose de Sucre.
Zwischen vielen Kirchtuermen und Plaetzen entdecken wir in einiger Entfernung ein parkaehnliches Gelaende, das mit einer weissen Mauer umgeben ist.
Da es aufgrund seiner Groesse einfach auffaellt, erweckt es unsere Neugier. Wir reissen uns schweren Herzens von "La Recoletta" los und gelangen ueber Treppen und Pflasterstrassen wieder in den ebenen Bereich der Stadt. Von hier aus geht es einen anderen Huegel hinauf und wir sind da.
Eine seltsame Stille kommt uns entgegen, als wir die letzten Meter der "Linares" hochgehen. Ueberall an den Strassenraendern sitzen alte Frauen und verkaufen schon fast verwelkte Blumen. Aber es ist hier nicht typisch bolivianisch laut, obwohl jede Verkaeuferin “auf Teufel komm raus“ ihre Blumen loswerden moechte. Andere Frauen verkaufen weisse Kerzen in roten Huellen. Als wir unsere Augen vom Handel weg gen Himmel lenken, koennen wir am Eingang zum mit Saeulen ummauerten Park das Schild “Cementerio General" lesen.
Wir stehen also vor dem Hauptfriedhof Sucres und sind jetzt hoechst gespannt, was uns erwarten wird. Denn nicht nur Bolivianer kommen aus ihm heraus, sondern auch Touristen mit Filmausruestung verlassen zufrieden dreinschauend das Friedhofsgelaende.
Kaum durch den Eingangsbereich geschritten, werden wir auch schon von einer Horde Kinder umringt, die sich als engagierte Friedhofsfuehrer anbieten. Wir schliessen uns einem an. Er scheint wirklich alles zu wissen ueber die hier begrabenen Staatschefs, gut erhaltenen Familiengruften und schoenen Mausoleen. Am interessantesten neben all den Namen und Jahreszahlen sind eigentlich die in die Friedhofsmauer eingelassenen vielen, kleinen Grabstaetten, die verputzt und meist mit einer Metallplatte versehen, an eine Bienenwabe erinnern.
Trotz der hohen Besucherzahlen und Fuehrungen strahlt der Friedhof dank seiner ihn umgebenden Mauer und den vielen hohen Baeumen eine andaechtige Stille aus, wohltuend fuer die Angehoerigen, die ihre Verstorbenen hier besuchen wollen. Unsere Friedhofsrunde ist nun beendet, unser kleiner Fuehrer steckt zufrieden seinen Lohn ein und wir machen uns auf den Weg in Richtung Innenstadt.
Immer wieder kommen wir an kleinen Kapellen oder groesseren Kirchen vorbei, die das wohl Typischste fuer Sucre zu bieten haben, naemlich “Kirchtuerme", die eigentlich gar keine sind. Die Frontseite der Kirchen wurde einfach um das Doppelte des Kirchenschiffs erhoeht und mit drei Durchbruechen in Form von spitzwinkligen Dreiecken versehen. In diesen baumeln die Kirchturmglocken.
Vor dem blauem Himmel und von der Sonne angestrahlt sind diese "Kirchtuerme" das begehrteste Schnappschussobjekt Sucres. News Tihuanacu 6.11. -   05.04.2004 | 14:38

Dass das Jahr 365 Tage hat, wussten die Bewohner von Tihuanacu schon lange vor uns und dass es so etwas wie ein Schaltjahr geben muss, war ihnen auch nicht unbekannt. Ihre exakte Berechnung eines Jahres kommt auf 365,24 Tage. Das ist 0,01 Tag zu kurz. Bis heute weiss man nicht, wo dieses Stueck Tag geblieben ist.
Und auch was den Kartoffelanbau angeht, waren uns die Inkas weit voraus. Sie betrieben als einziges Volk schon in vorchristlicher Zeit Anbau und Ernte von 300 Sorten dieses Knollengewächses.
Das Museum, vor dem Freigelaende, ueberrascht uns immer wieder mit den interessantesten Dingen und Erkenntnissen der einstigen Bewohner. Wir koennen es kaum noch erwarten uns der Kultur in Natura zu naehern, beenden unsere Museumstour und stiefeln auf einen kleinen Huegel am Ruineneingang.
Wenn der Titikakasee nicht von so hohen Bergen umgeben waere, koennte man denken, man stehe hier in einer norddeutschen Duenenlandschaft. Ab und zu weht ein leichter Wind knapp ueber dem Boden und bewegt die vielen Grasbueschel mal hierhin, mal dorthin und wirbelt Sand und Staub durch die Luft.
Wir blicken von der Weite der Duenenlandschaft auf eine gewaltige Plattform hinunter, die wie das Fundament eines Hochhauses aussieht. Vereinzelt stehen noch Mauern darauf und einen Bogen gibt es zu bestaunen, das Sonnentor, durch das nur der Gerechte eintreten durfte. Und da frueher alle Bewohner Tihuanacus versuchten gerecht zu leben, diente das Sonnentor als Haupteingang zu den Tempelanlagen.
Wir steigen wieder vom Huegel hinunter, diesmal aber zur Ruinen abgewandten Seite. Dort sitzen jenseits des Zaunes vier Bolivianer auf Apfelsinenkisten und versuchen sehr geschickt durch die Zaunmaschen den Touristen kleine Figuren und Fratzen anzubieten. Alle seien Goetter aus den "guten alten Zeiten“, als die andinische Hochkultur noch das Alltagsleben beherrschte. Einige dieser Fratzen soll man noch hier in den Ruinen entdecken koennen.
Das hat unsere Abenteuerlust geweckt. Wir lehnen dankend ab, erklaeren, dass wir zu wenig Platz im Gepaeck haetten und machen uns auf die Suche nach diesen Goettergestalten.
Wir laufen auf die vorhin von der Hoehe aus entdeckte Plattform zu. Vor einer schwimmbadartigen Vertiefung, die uns den direkten Zugang zur Tempelanlage versperrt, muessen wir Halt machen. Vom Rand aus sehen wir ein paar Ovale, die in unregelmaessigen Abstaenden in die Waende gehauen und plastisch herausgearbeitet worden sind.
Wir gehen die Treppenstufen hinunter und haben tatsaechlich wieder einmal beim ersten Anlauf Finderglueck: Die Fratzengoetter von Tihuanacu.
Sie schauen wirklich sehr grimmig drein und scheinen die Bewohner von Tihuanacu nicht sehr gemocht zu haben, so dass sie sie eines Tages aus diesem Ort verbannten.
Bis heute noch starren sie jeden Besucher feindlich an, verharren hier, manche schon
bis zur Unkenntlichkeit verwittert.