Chiloe 8. - 11.12. -   13.06.2004 | 05:26

Es schuettet. Ein heftiger Schauer zieht auf ueber der kleinen schmalen Insel Chiloe. Die Scheibenwischer unseres Kleinbusses laufen auf Hochtouren, geben sich aber bald gegen die Wassermassen geschlagen und die Strasse ist nur aeusserst verschwommenen in Umrissen zu erkennen. Doch unser Busfahrer gibt nicht auf und spielt seine ganze Erfahrung aus. Geschickt jongliert er den Bus fast blind die Strassen hinunter, dann in Richtung Meer durch die Gassen von Quellon. Endstation Marktplatz. Eigentlich wuerden wir viel lieber hier im trockenen Kleinbus sitzen bleiben. Aber Endstation ist Endstation und auch wir muessen raus, wollen wir die Rueckfahrt nicht "inmediatamiente" antreten. Die ausgeklappte Kaputze mit beiden Haenden fest ins Gesicht gedrueckt, kaempfen wir gegen den stroemenden Regen. Verstaerkt wird dieser noch durch auflandigen Wind, der ein Weiterkommen unmoeglich macht und uns im naechsten Hauseingang Schutz suchen laesst.
Man koennte denken, es sei Abend, so dunkel lassen die Wolken, die in einem beachtlichen Tempo ueber unseren Koepfen hinweg schiessen, den Himmel erscheinen. Der Regen verzieht sich keinen Meter. Mittlerweile sind unsere Hosen voellig durchweicht und Kaelte kriecht in unseren Koerper. Endlich laesst der Regen etwas nach, einige Sonnenstrahlen schaffen es die dicke Wolkenschicht zu durchbrechen. Vergeblich suchen wir die Haeuserzeilen nach einem Kirchturm ab, der uns als Indikator fuer eine der 150 Holzkirchen, die sich hier auf der Insel befinden sollen, dienen koennte.
Noch lange haetten wir suchen koennen, wenn wir nicht zufaellig eine Zeichnung an einem Bauzaun entdeckt haetten, auf der ein Kirchturm abgebildet ist. Scheinbar will uns diese Zeichnung weissmachen, dass sich hinter dem Zaun unsere gesuchte Kirche befindet, wenn auch ein Kirchturm nicht zu erspaehen ist.
Wir gehen an der Absperrung entlang, bis wir in eine Oeffnung blicken: Holzbohlen, Bretter, Saegespaene und Arbeitsgeraete. Wir stolpern auf dem Bereich umher, wo frueher der Kirchturm gestanden haben musste. Das uebrige Gebauede ist eine Art Haus, dessen Holz von Wind und Wetter deutlich angefressen und dessen Farbe abgeblaettert ist. Wir gehen langsam durch die Baustelle in den inneren Teil: Der Holzboden aufgeschwemmt, die Saeulen abgestuetzt durch Stahltraeger. Die ganze Konstruktion scheint bei jedem Windstoss zu erbeben und einzustuerzen zu drohen.. Das Gebaelk aechzt und seufzt. Kaum zu glauben, dass trotz des maroden Zustands der Kirche und des fehlenden Kirchturms zweimal sonntags Messe gehalten wird.
Wir drehen uns um. Unser Blick faellt auf den Altar. Reich geschmueckt und schoen geschnitzt wirkt er wie ein Edelstein mitten in diesem baufaelligen und eher schlichten Gotteshaus. Baenke, sorgsam in Reih und Glied vor diesem Altar aufgestellt, ganz unbekuemmert, dass ihnen irgendwann einmal der Himmel auf den Kopf fallen koennte, erfuellen sie weiterhin ihren Zweck, so wie sie es schon seit ueber 250 Jahren machen. News Valparaiso 19. - 20.12 -   13.06.2004 | 05:28

Die Schiebetueren quietschen. Die Seile surren. Langsam bewegt sich die Gondel und der "Ascensor Reina Victoria" nimmt Kurs auf den "Cerro Alegre y Conception", dem aeltesten Stadtviertel Valparaisos. Wir steigen keine 50 Meter. Dennoch haben wir einen wunderbaren Blick auf das dichte Treiben der Menschen zwischen der engen Bebauung. Wir gelangen in einen Stadtteil, der mit seinen grosszuegigen Grundstuecken und niedrigen Haeusern eine einmalige Ruhe ausstrahlt. Viele kleine verwinkelte Gassen und sehr steile Kopfsteinpflasterstrassenzuege haben eine fast autofreie Zone zur Folge. Und so koennen wir uns voll und ganz auf das Viertel konzentrieren, das so friedlich vor uns liegt. Dieser Frieden wird nicht von irgendwoher ausgestrahlt, sondern von einer kleinen Kirche aus, die im Mittelpunkt des Viertels liegt.
Ganz in englischem Stil praesentiert sich die anglikanische Kirche als visueller Dreh- und Angelpunkt, als der sie schon zur Zeit ihrer Konstruktion 1858 gedacht war. Es ist fast unmoeglich den "Cerro Alegre y Conception" zu betreten ohne diese Kirche zu sehen. Die katholische Kirche weiter oberhalb und die der Lutheraner, wie als ob an den oestlichen Rand gedraengt, messen dem Viertel keine besondere Bedeutung bei. Die Frage, warum hier in Valparaiso die drei Konfessionen im sonst so katholischen Chile so eng beieinander liegen, klaert sich durch einen Blick auf die Zeittafel Chiles schnell auf.
Valparaiso, 1541 als Hafen der Hauptstadt Santiago gegruendet, kommt zur Zeit des kalifornischen Goldrausches eine besonders guenstige Rolle zu: Da es noch keinen Panamakanal gab, der die Umrundung Suedamerikas abgekuerzt haette, lief jedes Handelsschiff erst einmal in den Welthafen Valparaiso ein. Schnell entwickelte sich dieser Ort zu einer aufbluehenden, reichen Metropole, in der sich besonders viele Englaender und Deutsche niederliessen und dieses Viertel praegten: Fachwerkhaeuser neben kleinen vertraeumten Haeuschen mit Tuermchen und Veranden.
Das gesamte Viertel ist auf und um einen der 45 bebauten Huegel der Stadt angelegt. Einen Teil des Huegels kann man auf der Hafenseite umrunden. Mit den vielen Baenken, die zum Geniessen einladen und den Laternen fuer das abendliche Ambiente bieten der "Paseo Aktison" und der "Paseo Gervasoni" die besten Aussichten auf das Meer und die umliegenden Huegel. Wir gehen weiter durch sehr schmale Gassen, die wie mit einem Spinnennetz von Telefonleitungen ueberzogen sind. So gelangen wir zum naechsten Lift, dem "Ascensor del Peral", der seine Gaeste in einen anderen, 100 Meter tiefer gelegenen Stadtteil befoerdert. Und wieder quietschen die Tueren und die Seile surren. Die Gondel gibt den Trend an: Es geht hinab. News  -